Sonntag, 29. Mai 2022

Oskar Zwintscher

 

Viele späterhin arrivierte Maler verdienten ihren Lebensunterhalt während oder unmittelbar nach dem Studium zunächst mit gebrauchsgrafischen Arbeiten, darunter so berühmte Namen wie Feininger oder Magritte. Bei dem 1870 im damals noch nicht zu Dresden gehörenden Loschwitz geborenen Oskar Zwitscher, der in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg große Erfolge als Kunstmaler feierte, war das das nicht anders. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen blieb er jedoch diesem Bereich seiner Arbeit zeitlebens treu und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1916 als Karikaturist für die in München erscheinenden „Meggendorfer Blätter“.  

In der Nr. 1000 der Meggendorfer Blätter (1910)
 stellten sich deren Zeichner mit Selbstporträts vor.

Zwischen dieser „Schwiegermutter“-Karikatur in den „Meggendorfer Blättern“ (Nr. 963) 
und Zwintschers herausragender suggestiver Malerei lagen Welten.  

Sammelbild aus der preisgekrönten Serie "Jahreszeiten" aus dem Jahr 1898

Mittwoch, 25. Mai 2022

Jesse Sylvester Anderson


Harrison Fisher
 
Der Werdegang des 1875 geborenen amerikanischen Karikaturisten Jesse Sylvester Andersen war ausgesprochen untypisch für eine erfolgreiche Künstlerkarriere. Anderson entstammte einer kanadischen Bauernfamilie und arbeitete, unterbrochen von einer begonnenen Ausbildung zum Buchhalter und zeitweiser Betätigung als Zeichenlehrer, lange Zeit als Farmer.
Um die Jahrhundertwende begann er seine Tätigkeit als Karikaturist und Illustrator, die Anderson rasch mit großem Erfolg u.a. für den New York Herold oder die Magazine „Puck“, „Judge“ und „Life“ ausübte. Sein Signet in Form eines Hahnes mit aus dem Kürzel „Vet“ gebildeten Schwanzfedern sollte wahrscheinlich an seine bäuerliche Herkunft erinnern.
Auch als Comiczeichner reüssierte Andersen, womit beste Voraussetzungen für seine Arbeiten im Bereich des beginnenden Trickfilms gegeben waren, der bis in die frühen 1930er Jahre eines seiner Hauptbetätigungsfelder blieb. Danach schuf Jesse Sylvester Anderson, der noch mit Mitte 40 in London und Paris Bildhauerei studiert hatte, einige Skulpturen für den öffentlichen Raum. Er starb 1966 im hohen Alter von 93 Jahren in Kalifornien.
In seinen 1912 in Berlin erschienenen Erinnerungen „Zeichner und Gezeichnete“ stellte der Karikaturist „P. Richards“ (Richard Pichler) einige seiner amerikanischen Kollegen vor. Die zugehörigen Zeichnungen Andersons entstammen dem Buch.

Charles Dana Gibson


Richard Fenton Outcault

Oliver Herford

Donnerstag, 19. Mai 2022

William Heath Robinson


1916
 
Die Brüder William, Charles und Thomas Robinson führten in dritter Generation mit großem Erfolg eine Familientradition fort: Bereits der Großvater und ihr Vater arbeiteten als Illustratoren bzw. Holzschneider- und -stecher.
William (1872-1944) war insbesondere aufgrund humorvoller, skurriler Zeichnungen der populärste der drei Brüder. Sein bisweilen bis ans Groteske grenzenden Illustrationen schmückten nicht zuletzt Kinderbücher, die er zum großen Teil selbst verfasste.
William Heath Robinson verstand sich aber auch auf „ernsthafte“ Arbeiten und galt als wichtiger Vertreter des Jugendstils in England. Er schuf Illustrationen für Zeitschriften und Bücher - darunter Werke von Kipling, Shakespeare, Poe und H. C. Andersen - in einem gefälligen, technisch ausgereiften und detailreichen „typisch britischen“ Stil , der u.a. auch die oftmals nicht minder exotischen bzw. fantastischen Bilderwelten Arthur Rackhams, Henry Fords, Harry Clarks oder Edmund Dulacs auszeichnete.  

M. C. Salamann: Modern Book-Illustrators and their Work. London 1914 

2 Illustrationen in einer Ausgabe von Shakespeares Sommernachtstraum

... aus dem Jahr 1914

Freitag, 13. Mai 2022

Walther Klemm


Der Querschnitt, September 1936
 
Der 1883 in Böhmen geborene Walther Klemm war ein erfolgreicher Tier- und Landschaftsmaler, hohes künstlerisches Ansehen genoss er jedoch in erster Linie als Grafiker beziehungsweise Buchillustrator.
Wie so viele Künstler seiner Generation beschäftigte sich Klemm für einige Zeit intensiv mit japanischen Farbholzschnitten. Der Holzschnitt blieb seine bevorzugte graphische Technik, allerdings trat die Farbe zunehmend in den Hintergrund. Auch seine zahlreichen Buchillustrationen führte er vor allem als Holzschnitte aus, aber auch u. a. als Steinzeichnungen oder Radierungen.
Walther Klemm, der in Wien u.a bei Koloman Moser studiert hatte, erhielt bereits 1913 selbst eine Professur in Weimar, wo er bis in die 1950er Jahre tätig war und 1957 als hochgeachteter Künstler und akademischer Lehrer verstarb.

Um 1913 erstellte Klemm Holzschnitte für eine Faust-Ausgabe, 
die nach dem Krieg in mehreren Auflagen beim Dachauer 
Einhorn-Verlag erschien.  

dito

Illustration aus "Der liebe Augustin" von Wolfram Geißler.
Berlin o.J.


Donnerstag, 12. Mai 2022

Alfred Kubin


Der Orchideengarten 1919, H.2

Mit dem Österreicher Alfred Kubin (1877-1959) wird wieder einmal einem prominenten Illustrator ein Post mit eher unbekannteren oder auch "untypischen" Arbeiten gewidmet. Statt näherer, sich hier erübrigenden Anmerkungen zu Leben und Werk wird ein kleiner Auszug aus einem Artikel von Rudolf Großmann in einer der letzten Ausgaben des Magazins „Der Querschnitt“ wiedergegeben:
Kubin ist der geborene Tagträumer. (…) Um die Art seines Schaffens zu begreifen, müssen wir jenem merkwürdigen und doch so gewohnten Zustand, den wir im Traum erleben, nachspüren. (…) Dadurch, daß wir nicht mehr auf die Gegenwart konzentriert sind, kommt ungehemmt der Fluß der Erinnerungen nicht nur vom Tag, sondern vom ganzen Leben herauf; diese Erinnerungen decken sich nicht mehr mit den Empfindungen. Das Traum-Ich ist anders als das Wach-Ich. Es kontrolliert nicht mehr nach und bringt die Anstrengung des Identifizierens nicht mehr zustande.
Ganz ähnlich verändern sich die Dinge, mit denen der Tagträumer Kubin sich befaßt, ihr Durchschnittsgesicht. Jenes latente Traum-Ich spielt bei ihm auch im Wachsein eine Rolle und trägt ihn (…) einer lebendigen Realität zu. (…) Seine Vision überfällt ihn.“ (Heft 9, September 1936, S.529)

Die Poesie der Landstraße - Simplicissimus 1.1.1924

"Der Enterbte" - Simplicissimus 1923, Nr.27

Jugend 1928, Nr.22

Dienstag, 3. Mai 2022

Paul Neu *

 

 „Schnadahüpferl“-Bierkrug der Firma Wick (um 1910)


Paul Neu (1881-1940) studierte ab 1902 zunächst Architektur in München, entwickelte sich dann aber zu einem vielseitigen Künstler. Er gestaltete unter anderem Bleiglasfenster, Bierkrüge und andere Töpferwaren, Briefmarken, Plakate und Reklamemarken. Hinzu kommen zahlreiche Buchillustrationen und Einbandentwürfe. Viele Arbeiten haben einen volkstümlichen Charakter und belegen auf teils humoristische Weise Neus Verbundenheit mit dem Brauchtum seiner bayrischen Heimat.
Paul Neus vielseitiges Können wird dagegen erst in seinen modernen Entwürfen erkennbar. Dazu zählt beispielsweise ein Plakat zur Elektrizitätsausstellung in München aus dem Jahr 1911.
Nach dem ersten Weltkrieg arbeitete Paul Neu unter anderem als Zeichner für die Zeitschrift „Der Orchideengarten“, die als erste Zeitschrift für phantastische Literatur in nur drei Jahrgängen zwischen 1919 und 1921 herausgebracht wurde. In der Folge lieferte er Illustrationsarbeiten für verschiedene renommierte Münchner Verlage wie Albert Langen und Georg Müller sowie den Piper Verlag. Dabei stellen Neus Umschlagentwürfe für eine 30-bändige Kriminalromanserie des Verlages Georg Müller aus den Jahren 1922-1930 gewiss ein kleines Glanzlicht der Buchillustration der zwanziger Jahre dar.

Illustration für die Zeitschrift „Der Orchideengarten“ (1919)


Umschlaggestaltung Kriminalroman (1922-1930)


Umschlaggestaltung Kriminalroman (1922-1930)


* Gastbeitrag - Text und Abbildungen von Matthias Hageböck, Weimar