Samstag, 30. April 2016

Gustave Henri Jossot


1907

Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichten neue Druckverfahren das Aufkommen illustrierter Zeitschriften für ein breites Publikum. Mit den Möglichkeiten massenhafter, preiswerter Reproduktion erfolgte eine deutliche Aufwertung der Zeichnung und und ihrer Urheber, die Illustration entwickelte sich zur eigenständigen Form künstlerischen Ausdrucks.
Die neuen Druckerverfahren hatten aber auch deutlichen Einfluss auf die Herausbildung eines neuen konturbetonten, reduzierten, flächigen Stils, da zunächst keine oder nur angedeutete Tonabstufungen wiedergegeben werden konnten.
Diese technischen Bedingungen waren für die Herausbildung neuer grafischer Ausdrucksformen ebenso bedeutsam wie künstlerische Entwicklungen, die sich unter dem Einfluss japanischer Farbholzschnitte vollzogen.
Der neue Stil verselbstständigte sich unabhängig von der fortschreitenden technischen Entwicklung und prägte die Entwicklung von Graphik und Kunst entscheidend mit – bis hin zum Comic oder zur Pop-Art.
Gustave Henri Jossot (1866-1951) nutzte schon früh außerordentlich ausgeprägte Konturen und reduzierte Formen für seine unverwechselbaren, pointierten graphischen Arbeiten. Jossot (1866-1951), der sich nach seiner Konvertierung zum Islam im Jahr 1911 „Abdoul Karim Jossot“ nannte, arbeitete als Gebrauchsgrafiker und Karikaturist, der sich häufig äußerst kritisch mit sozialen und gesellschaftlichen Missständen seiner Zeit auseinandersetzte, darüber hinaus war er auch als Maler recht erfolgreich. 
Wenn er die Betschwester mit einigen dicken, tintenfetten Strichen zeichnet, läßt er aus ihren Augenlidern ein großes, lüsternes Auge hervorquellen, aus dessen länglicher weißer Kapsel das Schwarz der schmachtenden Pupille besonders scharf hervorsticht. Trotzdem er aber gewaltig übertreibt und die Natur mehr als irgendein anderer Künstler entstellt, bewahrt er dennoch einen Schein von Wahrheit, da er den graphischen Ausdruck einer Leidenschaft, wie er sich in den Gesichtszügen widerspiegelt, nur ein wenig auf die Spitze treibt. Um zu einer solchen, allerdings phantastischen Wirklichkeit zu gelangen, bedient er sich einer höchst einfachen Mache und bringt in der Figur, die er zeichnet, nur eine einzige Empfindung zum Ausdruck.“ (Gustave Kahn 1907)

Jossot war einer der populärsten Illustratoren der sozialistischen/ anarchistischen
Zeitschrift "L'Assiette au Beurre".


"Münchner Jugend" 1898, Nr.25

Donnerstag, 28. April 2016

Emil Preetorius



Emil Preetorius, von Haus aus promovierter Jurist und als Illustrator weitgehend Autodidakt, machte angesichts dieser Voraussetzungen eine erstaunliche künstlerische Karriere. Er war einer der bekanntesten deutschen Buchillustratoren seiner Zeit, darüber hinaus war Preetorius als Karikaturist, Plakatgestalter und Bühnenbildner sehr erfolgreich. Seine parallel laufenden künstlerischen Lehrtätigkeiten mündeten in eine ebenfalls überaus erfolgreiche akademische Laufbahn, zuletzt war er Präsident der Akademie der schönen Künste in München.
Emil Preetorius, ein großer Liebhaber und ausgewiesener Kenner der Kunst des japanischen Farbholzschnittes, starb 1973 im Alter von 90 Jahren.

1932

Illustration aus Chamissos "Peter Schlemihl ..." in einer
 von Preetorius gestalteten Ausgabe (Leipzig 1907) 

Simplicissimus 1908

Mittwoch, 27. April 2016

Albert Guillaume


1906
Albert Guillaume (1873-1942) zählte zu den bekanntesten französischen Illustratoren seiner Zeit, wobei er als Plakatkünstler und Karikaturist gleichermaßen erfolgreich war. Einige seiner Karikaturen haben gesellschaftskritische Inhalte, die schonungslose sozialkritische Satire, die die Arbeiten vieler seiner Kollegen auszeichnete, war ihm allerdings weitgehend fremd. „Der Zeicher möchte zu sehr gefallen, als daß er sich erlauben dürfte, boßhaft zu werden.“ (Gustav Kahn 1907)
Guillaumes Stil erinnert stellenweise an Ferdinand Bac – und zeigt dabei „einen ähnlichen Respekt, wenn auch nicht vor der Schönheit, so doch vor der Hübschheit der Frau.“ (Gustav Kahn)

1901

1901

Fantasio 1913


Montag, 25. April 2016

Umberto Brunelleschi


1927

Auch den 1879 geborenen italienischen Illustrator Umberto Brunelleschi zog es nach seinem Studium, das er an der Akademie der schönen Künste in Florenz absolvierte, wie so viele Künstler nach Paris. Brunelleschi gestaltete Buch- und vor allem Zeitschriftenillustrationen für Journale wie La Vie Parisienne oder Fantasio, aber auch für deutsche und italienische Magazine. Man sieht vielen seiner gefälligen, dekorativen Arbeiten an, dass Brunelleschi zudem Kostüme entwarf, so für die großen Pariser Revuetheater oder sogar für bedeutende internationale Opernhäuser.
Ein ganz anderes Gesicht zeigte der junge Brunelleschi als "Aroun Al Rashid". Unter diesem Pseudonym fertigte er u.a. Karikaturen für das sozialkritische Magazin "L'Assiette au Beurre" an.
Brunelleschi starb 1949.

1924

1922

"Aroun Al Rashid" - L'Assiette au Beurre 23.5.1903

Samstag, 23. April 2016

Otto Eckmann


1898

Otto Eckmann, ein weiterer Absolvent der Münchner Kunstakademie und wie so viele Illustratoren seiner Zeit stark von japanischen Farbholzschnitten inspiriert, galt als bedeutender Vertreter des Jugendstils in Deutschland. Er illustrierte Bücher und Zeitschriften, entwickelte eine verbreitete „Jugendstil-Schrift“, gestaltete Werbegrafik und schuf kunstgewerbliche Arbeiten wie Kacheln, Teppiche und Tapeten mit typischer Jugendstil-Ornamentik. Eckmann beging 1902 im Alter von 36 Jahren Selbstmord.


Diese Illustration ziert den Einband eines Buches aus dem S. Fischer-
Verlag, dessen bekanntes Logo ebenfalls von Eckmann entworfen wurde.

Titelseite der "Woche" von 1901 mit
Eckmanns weitbekannter "Sieben" für die Tage der Woche
.

Dienstag, 19. April 2016

Emmanuel Orazi


Illustrationen aus einer Ausgabe des "Figaro Illustré" aus dem Jahr 1900

Der 1860 in Rom geborene und später in Paris wirkende Orazi erlangte vor allem durch sein Plakat für die Galerie „La Maison Moderne“, das wie viele seiner anderen Arbeiten französische und italienische Einflüsse der Grafik seiner in Deutschland „Jugendstil“ genannten Kunstepoche vereinigte, Beachtung und Anerkennung.
Die Plakatgestaltung als Königsdisziplin der Gebrauchsgrafik bildete dabei auch bei Orazi nur eines von mehreren Betätigungsfeldern, daneben illustrierte er Notentitel, Bücher sowie Zeitschriften. In geringerem Umfang war er auch als Schmuckdesigner und Bühnenbildner tätig. Orazi starb 1934 in Paris.





Sonntag, 17. April 2016

Rudolf Wilke


Titel der Münchner Jugend vom 10.2.1898

Der Karikaturist Rudolf Wilke zählte zweifelsohne zu den größten zeichnerischen Talenten seiner an hervorragenden Zeichnern so reichen Zeit. Er beherrschte virtuos vielfältige Techniken, zeigte dabei stets seine eigene Handschrift und nicht zuletzt einen ganz besonderen feinen Humor, den Rudolf Wilke auch bewahrte, als er von der schweren Krankheit gezeichnet war, an der er 1908 erst fünfunddreißigjährig starb. Wilke zeichnete zunächst für die „Jugend“, anschließend vor allem für den „Simplicissimus“. Der Nachruf dieses Blattes hebt Wilkes „durchdringenden Verstand“ hervor, mit dem er Schwächen erkennen und „lachend bloßstellen“ konnte. „Er war noch nicht 23 Jahre alt, als er bei einem Wettbewerb der „Jugend“ die Aufmerksamkeit aller Künstler auf sich zog. Seine hohen Vorzüge, scharfe Beobachtung, tiefgründiger Humor, die Gabe, jedes Komische mit einfachen Mitteln wiederzugeben, zeigten sich bei dieser ersten Probe seines Könnens.“

"Tippelbrüder" waren ein bevorzugtes Motiv Wilkes (1906)

1908

1906


Montag, 11. April 2016

Eugene Cadel



Obwohl die ersten Automobile für heutige Verhältnisse denkbar langsam fuhren, verursachte das neue, für viele bedrohlich erscheinende und schwer zu bewältigende Verkehrsmittel gleich zu Beginn seines Erscheinens zahlreiche, oft tödliche Unfälle. Automobilisten und Fußgänger waren noch nicht aufeinander eingestellt, Regeln gab es kaum und vor allem spielten die Chauffeure das „Recht des Stärkeren“ häufig rücksichtslos aus. Die Karikaturisten vor allem in Frankreich und Deutschland griffen letztgenannten Umstand immer wieder in drastischen Zeichnungen auf, so auch Eugene Cadel bereits im Jahr 1900.
Cadel (1862-1942) zählte zu den französischen Karikaturisten, deren Zeit- bzw. Sozialkritik oftmals besonders harsch ausfiel und von bitterer Ironie geprägt war. Cadels treffend überzeichnete Physiognomien erinnern an Größen wie Leandre oder Huard und weisen trotzdem einen eigenen Stil aus. Mit seiner seinen Erfolgen als Maler, Radierer, künstlerischer Zeichner sowie als Kunstkritiker trat seine Tätigkeit als Illustrator in den Hintergrund.  

1901

1901

1899

Samstag, 9. April 2016

Ilna Ewers-Wunderwald



Unter den Künstlerinnen  ihrer Zeit ragte die 1878 Caroline Elisabeth Wunderwald mit ihren eigenwilligen, fantasievollen und sehr ansprechenden Arbeiten hervor. Zeitweise erlangte die Autodidaktin durch ihre feinst ausgeführten kolorierten Stahlfederzeichnungen große Beachtung unter Künstlern und Kunstkennern.
1901 heiratete Wunderwald den umstrittenen Schriftsteller, Kabarettisten und späteren Filmemacher Hanns Heinz Ewers, mit dem sie bereits einige Jahre zusammengelebt hatte, und nannte sich fortan Ilna Ewers Wunderwald. Die von ihr illustrierten Bücher Hanns Ewers fanden in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg weite Verbreitung. Ilna Ewers-Wunderwald starb 1957.




Mittwoch, 6. April 2016

Paul Colin


Programmtitel, Mitte der 1920er Jahre

Der namhafte französische Plakatkünstler Paul Colin (1892-1985) gestaltete zu Beginn seiner Karriere neben Werbeannoncen vor allem Programmcover bzw. Plakate für Pariser Theater und andere Unterhaltungsetablissements. Im Rahmen dieser Tätigkeit lernte er Josephine Baker kennen, die seine Geliebte und Gegenstand zahlreicher seiner Plakate wurde. Paul Colins berühmtes Plakat für die „Revue Negre“ gilt heute als Klassiker des Genres und begründete seinen Ruf als herausragender Plakatentwerfer, wobei sich sein Stil danach noch sehr veränderte.  

Der Stil dieses Covers für ein Pariser Theater von 1930 
ist für alle Schaffensperioden des Graphikers untypisch. 

Cover eines Theaterprogramms von 1930

Werbeanonnce aus dem Jahr 1931


Montag, 4. April 2016

Bruno Paul


Berühmter Titel der "Münchner Jugend" aus dem Jahr 1896

Bruno Paul (1874-1968), der wie so viele bedeutende Illustratoren an der Münchner Kunstakademie studiert hatte, gehörte seit dem Gründungsjahr zum festen Mitarbeiterstamm des "Simplicissimus". Mit der Zeit entwickelte er sich vom Gebrauchsgrafiker, der Karikaturen, Bucheinbände, Plakate und Prospekte erstellte, zu einem vielseitigen, anerkannten Designer und (Innen-)Architekten, der im Geist der Zeit Kunst, Handwerk und Gewerbe zusammenzuführen versuchte. Paul erlangte einen Professoren-Titel, leitete bedeutende Institute, galt als führender Möbeldesigner, gestaltete repräsentative Innenräume sogar von Adelssitzen und Luxusdampfern und entwarf verschiedene Gebäude für eine betuchte Kundschaft. Mit seinen kunstgewerblichen Arbeiten für diesen Käuferkreis und der akademischen Karriere endete seine zeichnerische Tätigkeit, deren Schwerpunkt immer bei (sozialkritischen) satirischen Arbeiten für den „Simlicissimus“ lag, recht abrupt - letzte Zeichnungen erschienen dort 1907 unter dem Pseudonym „Ernst Kellermann“.

1906


1925 (Erstauflage 1902)

Sonntag, 3. April 2016

Heinrich Kley


1910

Heinrich Kley (1863-1945) kam Anfang des 20. Jahrhunderts als Maler durch lukrative Aufträge einflussreicher Industriemagnaten zu Ansehen und Einkommen. Einem breiten Publikum wurde er aber durch seine virtuosen Federzeichnungen mit grotesken und oftmals erotischen Inhalten im „Simplicissimus“ sowie durch seine fantastischen (Titel-)Bilder für die „Münchner Jugend“ bekannt. Kley, der auch ein gefragter Buchillustrator war, erlangte darüber hinaus noch zu Lebzeiten in den Vereinigten Staaten große Popularität. Zu seinen Bewunderern zählte Walt Disney, der sich vor allem in seinem Film „Fantasia“ deutlich von Kleys Kunst beeinflussen ließ.  

1925

Jugend 1910

Simplicissimus 1911